In diesen Woche ist es wieder soweit. Wir sollten lieber sagen: In diesen Wochen und bis in den Herbst hinein ist es wieder soweit. Landauf und landab wird Konfirmation gefeiert. Mit viel Engagement und Phantasie seitens der Kirchengemeinden. Und mit ganz unterschiedlichen Erwartungen und Hoffnungen der Konfirmandinnen und Konfirmanden.

Frisch erschienen ist die Dissertation Jugendliche und ihre Konfirmation von Dr. Anne Polster, Pfarrerin im Kanton Zürich. Nach vielen empirischen Befunden und grundlegenden Überlegungen zur Kasualie wird am Ende in zehn Thesen zur Gestaltung von Konfizeit und Konfirmation dieser Prozess als Empowerment gedeutet. Das lohnt sich zu lesen und noch mehr, für die eigene Praxis zu bedenken.

Wenn die Taufe als Wurzelgrund der Konfirmation als Herrschaftswechsel gedeutet wird, zielt die Konfirmation auf eine Selbstbestimmtheit, die in der Gottesbeziehung verankert ist.
Es geht um Perspektivwechsel, stärkende Inhalte, Gemeinschaft, Partizipation, ein kontextuell offenes didaktisches Konzept, Inklusion,, Identitätsentwicklung, Orientierung in der Vielfalt der Lebensoptionen, Sprachfähigkeit in Glaubensfragen und eine zukunftsfähige Gestalt der Konfizeit.

Es tut gut, gerade in Zeiten, in denen wir die Konfirmation aufgrund der aktuellen Corona-Bedingungen nur sehr eingeschränkt als Fest feiern können, diese Potenziale vor Augen geführt zu bekommen.

Anne Polster, Jugendliche und ihre Konfirmation. Theologische Diskurse – empirische Befunde – konzeptionelle Erwägungen, Stuttgart 2021, 39 €, eBook 34,99 €

Liebe, Gesundheit, Entspannung, Geschenke, Schnee, Frieden – das waren die Favoriten bei unserer Mentimeterumfrage „Was wünschst du dir in diesem Jahr von Weihnachten?“
Barmherzigkeit landete keinen Treffer. Vielleicht gehört dieses Wort nicht zum Weihnachtssprachschatz – obwohl es natürlich im Zusammenhang mit der Liebe Gottes zu seiner Welt mit gemeint ist.

„Jesus Christus sprich: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ (Lukas 6, 36) – so lautet die Jahreslosung, die von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft Bibellesen für 2021 ausgewählt worden ist.

Über 100 Bildmotive haben Künstler*innen entworfen, um dieses Wort Jesu aus der Feldrede im Lukasevangelium visuell in Szene zu setzen. Und es ist keine Überraschung, dass sehr oft ein Herz als Motiv verwendet wird.

Die hebräische Entsprechung des bei Lukas verwendeten Wortes „sich jemandes erbarmen“ bedeutet als Substantiv Mutterschoß/Gebärmutter und als Plural Inneres bzw. Eingeweide. Im Fall der Barmherzigkeit regt sich also die Gebärmutter. Gottes Liebe zu seinen Geschöpfen lässt sich demnach gut mit den Gefühlen einer Mutter vergleichen, die ihr neugeborenes Kind in den Armen hält.
Da ich mich mit Muttergefühlen nicht ganz so gut auskenne, hat mir persönlich das Bild eingeleuchtet, dass sich mir beim Anblick eines Menschen in Not vor Mitleid „die Eingeweide umdrehen“ und ich schon allein für mein eigenes Wohlbefinden zu Hilfe eile.

Wo Menschen von Gottes Barmherzigkeit umgeben sind, erwächst daraus der Impuls, sich für andere mit Hingabe einzusetzen. Anders formuliert: Wenn ich Gottes Barmherzigkeit erkenne, dann führt das fast automatisch dazu, dass ich mich herausgefordert fühle, mich zu bewegen – das ist, um mal ein physikalisches Gleichnis zu verwenden – wie bei einem Stoßpendel, dass durch einen Impuls in fortwährende Schwingung gerät (Wolfgang Baur).

Beim oben abgebildeten Motiv fiel mir kunstgeschichtlich spontan der Ausschnitt des Deckenfreskos von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle des Peterdoms in Rom ein, der die Erschaffung Adams zeigt. Nah lag mir auch der Gedanke, dass ich von etwas „berührt“ sein muss, um etwas Gutes zu tun – in Zeiten eines verordneten physischen Kontaktverzichts ist das vielleicht noch schwerer als sonst. Oder wird hier schon ganz tatkräftig erst der Finger und dann die ganze Hand gereicht, um jemanden aus seinem Elend herauszuhelfen. Für wen könnten die ausgestreckten Arme jeweils stehen?

Gut gefallen hat mir auch eine Motivkarte, auf der Eva Jung (Motiv ebenfalls im adeo-Verlag, siehe unten) lauter verwandte Wörter für barmherzig in die Jahreslosung einfügt: zugeneigt, sorgsam, freundschaftlich, eng, human, sozial…..grundgütig, neidlos, opferbereit, einträchtig, weitherzig. Es könnte eine schöne Übung für das neue Jahr sein, das Wortfeld auszuloten und mit viel Energie und Fantasie in Taten umzusetzen.

Natürlich wird im Zusammenhang mit dem Losungswort aus dem Lukasevangelium das nur vier Kapitel später notierte Gleichnis vom Barmherzigen Samariter zur Sprache kommen – ein Baustein aus KU-Praxis 63 – Hass und Nächstenliebe wäre dazu zu empfehlen und das dafür entstandene Video Sam A. Ritter – Ein Helfer in der Not. Aber darüber hinaus gibt es noch viele Möglichkeiten der Anknüpfung – gerade auch in der bilderreichen Sprachwelt der Alten Testaments.

Das Evangelische Jugendwerk in Württemberg hat wie jedes Jahr ein aussagestarkes Lied zur Jahreslosung herausgebracht. Für gemeinnützige Zwecke darf es kostenfrei verwendet werden:

Ganz zuletzt ist mir gerade noch eine weitere Erkenntnis zugewachsen: Das Jahr 2020 mit all seinen besonderen Herausforderungen hat viel Kraft gekostet und manche Hoffnungen und Pläne über den Haufen geworfen. Es hat uns auch gelehrt, dass unser Leben immer auch unmittelbar gefährdet ist und bleibt. Ich sollte im Jahr 2021 etwas barmherziger denken, arbeiten und leben. Was meine eigenen Ansprüche an mich selbst angeht: etwas weniger perfekt sein wollen und weniger Hochstaplergefühle entwickeln. Und natürlich auch im Hinblick auf das, was ich von anderen erwarte und erhoffe.
Vielleicht erinnert mich mal jemand in ein paar Wochen an dieses Vorhaben …

Bildmotiv: Design: Sebastian Hoffmann, www.adeo-verlag.de

Weihnachten wird bei uns als Familienfest gefeiert. Zumindest bei den meisten Menschen. In der frühen Christenheit hatte die Versammlung in den Häusern eine zentrale Stellung im gemeindlichen Leben. Und auch heute noch spielt die Familie eine große Rolle für die religiöse Entwicklung. Familien sind also nach unserem Verständnis eine wichtige soziale Form von Kirche. Diese Bedeutung wollen wir unterstützen. Selbstverständlich auch an Weihnachten.
Deshalb bieten wir viele Gottesdienste in unseren Kirchen an, in die die Familien gemeinsam gehen können. Nun ist das in diesem Jahr sehr kompliziert und anstrengend. Plätze in den Gottesdiensten insbesondere am Heiligen Abend müssen reserviert werden. Viele befürchten trotz der bewährten Hygienekonzepte ein zu dichtes Gedränge. Selbst Gottesdienst draußen auf dem Kirchenvorplatz werden vielerorts aus Sorge, unverantwortlich zu handeln, abgesagt. Bleiben Weihnachtsaktionen im öffentlichen Raum, Krippenspiele am Gartenzaun und natürlich virtuelle Angebote, die in großer Zahl und mit viel Kreativität und Liebe inszeniert worden sind. Oft haben ja die, die sich so viel Mühe mit der Gestaltung machen, mindestens so viel Freude daran wie die, die von dieser Weise der Verkündigung – der Kommunikation des Evangeliums – angesprochen und berührt werden.

Noch weiter weg von einer Kirche, die ihre Mitglieder und Gäste mit Bildern, Texten und der frohen Botschaft versorgt, bewegen sich die Vorschläge, die Kinder, Konfis und Familien von jung bis alt einladen, zuhause eine eigene weihnachtliche Praxis zu entfalten, die über das Warten nach dem Kirchgang auf die Bescherung hinausgeht – wahlweise vor oder nach dem Raclette oder dem Kartoffelsalat mit Würstchen oder….

Für die häusliche Weihnachtsfeier gibt es tolle liturgische Impulse für eine gottesdienstliche Gestaltung und pfiffige Ideen, das Krippenspiel selbst in der eigenen Wohnung zu gestalten. Oder im Wald mit oder ohne die App Actionbound das zweite Kapitel des Lukasevangeliums – vielleicht in Kombination mit der Matthäus-Variante – nachzuspielen. Oder, wenn die eigene Kirche die Weihnachtstage zum freien Besuch geöffnet ist, sich als Familie auf den Fußweg dorthin zu machen, die liebevoll aufgebaute Krippe zu bestaunen und Weihnachtswünsche dem Jesuskind in die Wiege zu legen.

Die Weihnachtsbeilage der Ev. Lutherischen Kirche in Oldenburg vom letzten Samstag bietet auf jeden Fall in textlicher und verlinkter Form viele Hinweise. Wie, die Zeitungsbeilage ist nicht zur Hand? – bitteschön:

Freut Euch – Von Weihnachtswundern und Feuerengeln

Auf der Kinder- und Jugendseite findet sich z.B. ein QR-Code und eine Verlinkung zu einer Slide-Page. Dort gibt es einen Menge weiterer Tipps, die sich auch noch direkt unterm Baum umsetzen lassen:

Cool & Cosy Christmas

Hier findet sich neben spontanen Krippenspiel- und Kreativideen und abwechslungsreicher Unterhaltung übrigens auch die im Bild oben aktuell gültige Mentimeter-Umfrage – warum nicht selbst die Wolke mitgestalten?

Was wünschst du dir dieses Jahr von Weihnachten? https://www.menti.com/dxovynsf46

Wir als Familie überlegen noch, wie wir morgen den Heiligen Abend verbringen. Entweder holen wir die Ostheimer Krippenfiguren vom Dachboden und ziehen mit ihnen und der Weihnachtsgeschichte durch die Wohnung. Oder wir holen die drei Gewänder für die Heiligen Drei Könige – vor Jahrzehnten aus Tunesien mitgebracht und von zahllosen Krippenspieler*innen mit Glanz und Würde getragen – und anderes mehr aus dem Verkleidungskoffer und wandeln höchstselbst als aller Welt bekannte Figuren durch die Erzählung der Heiligen Nacht. Mal sehen, wie der Familienrat entscheidet…

Am 21. Dezember heißt es wieder: Vorhang auf für den 9. KURZFILMTAG! Aufgrund der Pandemie wird das bundesweite Kurzfilmfest in diesem Jahr in einer anderen Form stattfinden.
Da der KURZFILM den Veranstaltern sehr am Herzen liegt, haben sie gemeinsam mit den Verleihern ein kostenfreies Streaming-Angebot ausgearbeitet, damit alle am KURZFILMTAG in jedem Fall Kurzfilme genießen können.
Unter dem Motto „#WirKommenZuEuch“ kannst du, sowie deine Freund*innen, Bekannten und Gäste am 21. Dezember ab 9.00 Uhr auf der KURZFILMTAG-Website die kostenfreien Programme anschauen. Darunter sind u. a. auch drei Specials, die sich an Kinder, Jugendliche und Senior*innen richten.

Und hier noch mal die Einladung als PDF:

„Nahezu alle Jugendlichen rechnen damit, künftig mit Corona oder anderen Viren leben und sich an neue Hygienestandards gewöhnen zu müssen.“

Auch die Zukunft nach Corona haben die Forscher des Sinus-Institutes in ihrer aktuellen qualitativen Studie erfragt. Das war zwar schon im Mai diesen Jahres, aber es spiegelt schon „damals“ eine realistische Einschätzung der Lebenssituation morgen und übermorgen wider.

Es lohnt sich, sich das alle vier Jahre erscheinende Werk genauer unter die Lupe zu nehmen. Es finden sich wie gewohnt ausführliche Beschreibungen der Lebenswelten Jugendlicher im Alter von 14-17 Jahren. Traditionell-Bürgerliche, Expeditive und alle anderen werden mit Originalzitaten, Jugendzimmerfotos, Illustrationen aus Hausarbeitsheften, Werteuniversen, Piktogrammen und Grafiken sehr anschaulich vor Augen geführt.
Nein, ich finde, hier werden keine Klischees festgeschrieben und in Schubladen gedacht, sondern sehr differenzierte Erkenntnisse vermittelt und ein aktueller Überblick über die vielfältigen Ansichten junger Menschen ermöglicht.

Spezielle Kapitel beschäftigen sich mit dem Alltags(er)leben, der Berufswahl (hier wird z.B. auch gefragt, was Jugendliche über Kirche als potenzielle Arbeitgeberin denken), dem Wohlbefinden und der Partizipation in der Schule, der Gesundheit, dem Sport und – in dieser Studie besonders ausführlich – der Politik.

Am Ende vieler detaillierter Einsichten zieht die Studie das Fazit:

  1. Viele Jugendliche sind heute ernst und problembewusst.
  2. Sicherheit, Halt und Geborgenheit sind für die meisten wichtiger als Aus- und Umbrüche. Soziale Werte und Vorbilder gewinnen an Bedeutung.
  3. Die negativen Folgen der Individualisierung treten stärker ins Bewusstsein.
  4. Die Jugend fühlt sich zu wenig gehört und nicht ernst genommen.

Allein über diese vier Sätze könnte es sich lohnen, zu diskutieren und eigene Wahrnehmungen auszutauschen.

Das 623 Seiten starke Buch
Marc Calmbach u.a., Wie ticken Jugendliche? 2020. Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland, Bonn 2020
ist gerade vergriffen, wird aber gerade wieder aufgelegt und ist über die Bundeszentrale für politische Bildung für 4,50 € zu beziehen; das digitale Exemplar steht dort kostenfrei zum Download bereit.