„Ich bin nicht behindert, ich werde behindert“ So bringt es Janis McDavid auf den Punkt. Er hat keine Arme und keine Beine. Dennoch bewegt er sich souverän durch das Leben. Erst bucht er den Flug und überlegt dann, wie er den Weg zum Ziel bewerkstelligen kann. Für Prof. Dr. Bernd Schröder, Hauptreferent beim Religionspädagogischen Tag „VIELFALT LEBEN“ zum Thema Inklusion am 16. Juni im Kulturzentrum PFL in Oldenburg, wird an diesem beeindruckenden Beispiel deutlich, wie sehr es auf die Perspektive ankommt, mit der wir die Herausforderung angehen, allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Die kritische Frage an die Schule lautet, ob die Inhalte des Unterrichts dem Ziel der Inklusion überhaupt angemessen sind. Und spätestens wenn gefordert wird, dass Kirche ein Rückhalt für inklusives Leben sein kann, müssen wir uns auch in der Konfirmandenzeit an der eigenen Nase fassen. Sind unsere Konfi-Modelle wirklich auf die Teilhabe aller ausgerichtet? Die Integration von Menschen mit körperlichen Behinderungen bedarf ja schon einer gehörige Anstrengung. Aber oft tun wir uns noch schwerer, wenn ein Jugendlicher mit emotional-sozialen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und unsere Geduld und pädagogischen Kompetenzen bis zur bitteren Neige ausreizt.

Ja, es gibt viel zu tun und zu verändern in unserer Bildungslandschaft. Darauf konnten sich die 130 Teilnehmenden verständigen. Die angebotenen Workshops waren in ihrer Bandbreite ein Zeugnis für die vielen Themen, die es zu beackern gilt. Leider fiel der von Christine Poppe (Religionspädagogik und Medien im forum Kirche Bremen) und mir angebotene Workshop aus. „Alle an Bord! – Inklusive Konfirmandenarbeit“ interessierte zu wenige der Angemeldeten. Schade! Aber immerhin fanden auch einige Pastor*innen und Diakon*innen der Jugendarbeit den Weg zu dieser wichtigen Veranstaltung: Inklusion ist ein Aufgabe für uns alle! Nein, und sie ist noch lange nicht selbstverständlicher Alltag im kirchlichen Handeln.

Der Relgionspädagogische Tag war übrigens der passende Rahmen für die Verabschiedung von Pfarrer Henning Eden. Neun Jahre lang leitete er die Arbeitsstelle für Religionspädagogik der oldenburgischen Kirche. Ihm ist es mit zu verdanken, dass es eine ganze Stelle für Konfirmandenzeit gibt – chapeau!

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In einem Gottesdienst in der Garnisonkirche, der in leichterSprache gestaltet wurde, machte er eindrücklich anhand der biblischen Geschichte von Bartimäus deutlich, was unser Auftrag im Dienst des Evangeliums ist: Menschen so wahrzunehmen, wie Jesus tut und von uns als Christen erwartet: „Wass willst du, dass ich für dich tun soll?“ (Markus 10, 51).

An dieser Stelle sage ich ganz persönlich: „Danke, Henning, für Dein Engagment und Deine Unterstützung für die Sache der Konfirmandenzeit! Alles Gute und Gottes Segen wünschen wir Dir!“

„Seit 20 Jahren habe ich nichts Gescheiteres gelesen.“

So kommentierte ein Passant im Vorbeiradeln das frisch montierte Banner an der Hausfassade von H 58. Ja, es hat eine Weile gedauert, bis wir wieder eine kleine Kampagne starten. Wie dringend notwendig es allerorten ist, Stellung zu beziehen angesichts der rohen Gewalt im Umfeld der Fußballeuropameisterschaft in Frankreich, dem Entsetzen über die Massentötung in Orlando, dem fast schon in den Tagesmeldungen untergehenden Meldungen über den „nassen Tod“ vieler Flüchtender, der scheinbar unendlichen Geschichte der kriegerischen und ethnischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten, in Afrika… – die Aufzählung ist hier noch lange nicht zu Ende – braucht keine Begründung.

„Liebe Deinen Nächsten, denn er ist wie Du.“ So schlicht dieser Satz aus dem selten aufgeschlagenen dritten Mosebuch – unter Fachleuten als „Leviticus“ bezeichnet – im 19. Kapitel der 18. Vers – so grundlegend ist er für das friedliche und menschenfreundliche Miteinander auf unserem Planeten.
Den humanitären Leitsatz aller abrahamitischen Religionen und weit darüber hinaus hätten wir gerne auch in arabisch aufgeschrieben – aber das haben wir uns dann doch nicht so richtig getraut.

Ich bin gespannt, wie wir dieses Wort in unserem Dienst und in unseren privaten Bezügen in Szene setzen. Gelegenheiten dazu gibt es jederzeit.

Jeder Lebensbereich braucht eine eigene Bibel. Ist doch klar. Ein Buch, das letztgültig und mit absoluter Autorität Auskunft gibt, wie der Garten am allerschönsten blüht und das Smartphone am allerbesten funktioniert.

Beim Treffpunkt Konfirmandenarbeit vom 30.-31. Mai in Loccum ging es deshalb darum, wie die Bibel – in diesem Fall die Urnamensgeberin – in der Konfirmandenzeit verständlich und sinnstiftend zum Einsatz kommt.

„Bin ich schön?“ – unter dieser Fragestellung beschäftigte sich Dr. Silke Leonhard mit einem performativem Ansatz und Ben Schütz von Body-Rhythm-Hamburg brachte Stimmen und Körper in Bewegung. Was haben Fangesänge mit Liturgie zu tun? – fragte Oliver Friedrich und Matthias Hülsmann packte mit uns einen Luther-Koffer aus. Die neue Lutherbibel und ihr Potential für die KA lotete Steffen Marklein aus. Mit und ohne Figuren in biblische Geschichten eintauchen konnte man mit ThiloBathke und Bernd Hillfinghaus. Angelika Pfeiler lud dazu ein, Psalm 23 mit Legematerialien und damit mit dem Herzen zu begreifen. Bibelclouds gab es natürlich auch zum Ausprobieren – in diesem Fall vom Autor dieses Beitrags eingebracht. Über einen Entwurf zum Thema „Menschen auf der Flucht“ von Lissy Weidner habe ich letzte Woche schon berichtet. Einen lebendigen und anregenden Impuls lieferte Prof. Dr. Martina Steinkühler aus Berlin mit ihrem Abendvortrag: „Neue Texte braucht die Konfi-Arbeit!“ Schräg dürfen sie sein und ungewöhnliche Perspektiven möchten eingenommen werden, weil wir allzu oft die Bibel „leer“ geredet haben. Also kommen wir mit Typen wie „Jossi“, der dann doch nicht ein Jünger Jesu werden wollte, runter von der Position des allwissenden Erzählers. Die Einleitung „es wird erzählt“ öffnet Deutungshorizonte. Es geht darum, Lebensgeschichten von Menschen im Angesicht Gottes zu erzählen. Und erste Sätze zu finden, die Spannung wecken und neugierig machen auf den immer wieder unbekannten Gott. Mehr Infos dazu gibt es auf der Website von Martina Steinkühler.

 

 

Jetzt läuft sie ja gerade wieder in unseren Gemeinde. Die Anmeldug für die Konfi-Zeit. Per Gemeindebrief, Zeitungsartikel, persönliche Ansprache, Anschreiben an die jeweiligen Jahrgänge anhand der Gemeindegliederlisten. Mit welchen Argumenten laden wir Jugendliche in unsere Konfikurse ein? Was haben wir zu bieten? Was macht es in den Augen junger Menschen – und nicht nur deren Eltern oder Großeltern – für einen Sinn, mit dabei zu sein?

Wie wäre es mal mit einer plakativen Werbung? Ein professionelles Graffiti am prominenten Ort, um öffentlich darauf hinzuweisen, das es jetzt bald wieder losgeht. So gesehen beim forum Kirche in Bremen: Ein schöne und wichtige Anregung, finde ich.

Erst einmal überhaupt in guten Kontakt kommen. Aufmerksamkeit erregen: „Konfizeit – Deine Zeit!“ Extra für Dich gemacht. Mit viel Engagement und Ideen in Szene gesetzt. Warum und wozu? Das erfahren die Jugendlichen ja erst, wenn sie bei uns angekommen sind. Wenn sie sich einladen lassen. Und das ist beileibe ja nicht mehr selbstverständlich. Oder?

Koffer im Auswandererhaus Mai 2016 klein

Was ist dir wichtig im Leben?
Schreibe 5 Stichworte kreuz und quer auf einen Zettel. Stecke ihn in deine Hosentasche. Behalte ihn immer bei dir. Und es geht los. Wege durch die Nacht. Flüstern. Wir begegnen vier Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen aus ihrer Heimat fliehen müssen. Plötzlich teilt sich die Gruppe. Zwei werden zu Einheimischen erklärt. Sie dürfen alles behalten. Die anderen müssen etwas oder jemanden zurücklassen. Der gefaltete Zettel wird zerschnitten. Die entstehende Lücke ist groß: Ein Teil der Familie ist weg. Der Beruf ist gar nicht mehr vorhanden. Die Gesundheit ist angeschlagen… Es gibt keine Flucht ohne Verluste. Ein nachdenklicher Augenblick. So fühlt sich das also an.. Das Thema kommt uns persönlich nah.

So kann es gehen, dachte ich. Wenn nicht ohnehin in der gemeindlichen Praxis Konfis in die Begegnung mit geflüchteten Menschen mit einbezogen werden, ist dies zumindest eine angemessene Form, für das Thema und vor allem für die Menschen, die unsere neuen Nachbarn sind, zu sensibilisieren. Lissy Weidner, Bibliodrama-Referentin beim RPI-Loccum, hat dann mit uns noch intensiv weitergearbeitet. Ein Spiel zur Familienzusammenführung, Steckbriefe zu biblischen Menschen auf der Flucht. Und als anspruchsvollem Höhepunkt werden die Fluchtgründe vor das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Anhörung gebracht. Der ebenfalls gegenwärtige biblische Rechtsgelehrte darf seine Rechtsauffassung als Kommentar ergänzen. Wer bekommt bei uns heute Asyl? Und wer wird abgelehnt. Was sagt die Bibel dazu?

Eine mediale Idee zur Weiterarbeit: Willkommen bei Last Exit Flucht

Ich schließe gleich die Frage an, wer mit dem Thema „Flucht“ in der Konfizeit welche Erfahrungen gemacht hat und freue mich über Resonanzen.

Ach, übrigens: Der Workshop „Flüchtlinge in der Bibel“ fand im Rahmen des Treffpunkts Konfirmandenarbeit vom 30.-31.Mai in Loccum statt. 80 Studierende, Pastores, Diakon*innen und Ehrenamtliche beschäftigten sich 24 Stunden lang mit dem Thema „Bibel für und mit Konfis“.