Neue Konfi-Studie
Fast 20 Prozent aller Jugendlichen eines Jahrgangs nehmen an der Konfizeit teil. Keine andere Altersgruppe wird in so hohem Maße durch ein kirchliches Angebot angesprochen. Das klingt doch gut, oder?
Vom 4.-6. März fand in der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin eine Tagung statt, auf der sowohl eine internationale Studie (Schweden, Finnland, Ungarn, Schweiz, Norwegen, Deutschland) als auch die dritte bundesweite Studie zur Konfi-Arbeit vorgestellt wurde.
Wie sagte Bischöfin Kirsten Fehrs, die amtierende Ratsvorsitzende der EKD, in ihrem Grußwort: „Die Chancen sind groß, die Möglichkeiten, etwas zu verpassen, aber auch.“
Klar ist, dass die Studienergebnisse nur bedingt repräsentativ sind. Die Befragung, die erstmals mit dem Feed-Back-Tool i-konf durchgeführt wurde, fand 2021 statt, also mitten in der Corona-Pandemie. Deshalb haben vor allem Gemeinden teilgenommen, die in diesen herausfordernden Zeiten, die viele gelähmt haben, besonders aktiv gewesen sind.
Trotzdem geben die Antworten der fast 3.500 Konfis und über 800 Mitarbeitenden wichtige Aufschlüsse über die aktuelle Entwicklung und Bedeutung der Konfi-Arbeit. Die Bücher zu den Studien erscheinen erst im Sommer (deutsche Studie) bzw. im Herbst (international Studie). Deshalb müssen alle, die sich selber genauer informieren wollen, noch etwas gedulden.
Hier ein paar wenige Schlagzeilen aus meiner Wahrnehmung:
Konfirmation – wozu ist die noch mal gut?
Während 1972 mehr als 90% der Deutschen Bevölkerung entweder katholisch oder evangelisch war, sind es 50 Jahre später knapp unter 50%. Wurden 2008 noch ein Drittel der Jugendlichen einer Altersstufe konfirmiert, sind es 2022 nur noch ein Fünftel (ca. 140.000). Das sind immerhin aber noch fast 80% aller evangelischen Jugendlichen. Im Bereich der Gliedkirchen der EKD schwanken die Quoten regional durchaus erheblich (von über 90% bis unter 60%).
Auch in den anderen europäischen Ländern nimmt die Zahl der Konfirmationen ab. Das hat wesentlich demografische Ursachen, liegt aber auch begründet an den religiösen Traditionsabbrüchen in Familie und Gesellschaft. Was „Konfirmation“ ist und warum sie Sinn macht, ist nicht mehr selbstverständliches Allgemeinwissen. Also gilt es, auf den Marktplatz zu gehen und dafür zu werben. Klar ist aber auch: Die beste Werbung für die Konfirmation ist eine erfolgreiche Praxis.
Forschung verbessert Praxis
Die Studien zur Konfi-Arbeit und die daraus gewonnenen Erkenntnisse haben dazu geführt, dass sich an vielen Orten die Praxis geändert hat. Mehr Elemente aus der Jugendarbeit, Methodenvielfalt, mehr Wochenendaktionen, mehr und längere Freizeiten und Camps, eine ausgebaute Elternarbeit und vor allen die Schlüsselrolle von Teamer:innen kommen zum Tragen: jedes Jahr wirken 50.000 Teamer:innen in der Konfizeit mit. Konfis werden mehr und mehr beteiligt und als Subjekte ihrer eigenen Religiosität ernstgenommen.
Pfarrer:innen machen Konfi gerne
Fragt man die Pfarrer:innen nach ihre „Lieblings“-Diensten, dann folgt die Konfizeit nach Gottesdiensten und Kasualien an dritter Stelle. Dem entspricht, dass eine große Mehrheit der Konfis den Pfarrer:innen bescheinigt, dass sie auch unter teilweise sehr schwierigen Bedingungen „ihr Bestes“ gegeben haben, um ihnen eine gute Konfizeit zu ermöglichen. Eine der daraus abgeleiteten Folgerungen des Forscherteams lautet: Auch wenn Konfizeit immer mehr von einem multiprofessionellen Team verantwortet wird, wäre es unklug, Pfarrer:innen aus der Mitarbeit gänzlich abzuziehen. Zugleich macht es Sinn, dass diejenigen die Konfizeit gestalten, die dazu begabt und befähigt sind. Dank regionaler Kooperationen sind die Zeiten vorbei, in denen in diesem Arbeitsfeld „unglückliche“ Pfarrpersonen sich selbst und auch den Konfis keinen Gefallen tun.
Mit Spaß lernst du mehr über den Glauben
Immer mehr Jugendliche nehmen an der Konfizeit aus eigener Motivation heraus teil. Immer mehr Konfis machen mit, weil sie gehört haben, dass die Konfizeit Spaß macht und sie dort gute Gemeinschaft erleben. Damit zusammenhängend sagen viele am Ende der Konfizeit, dass ihre eigenen Fragen zum Glauben vorgekommen sind und sie mehr über Gott gelernt haben. Spaß haben und etwas über den Glauben lernen bedingt sich anscheinend. Wie sagte ein finnischer Kollege nur leicht augenzwinkernd: Fun, Friends & Faith wäre doch ein guter Slogan, um zur Konfizeit einzuladen.
Digitale Medien sind ein Pluspunkt
Digitale Medien bzw. Tools werden in der Konfizeit hauptsächlich zur Kommunikation verwendet. Es liegt auch auf der Hand, dass Konfis, die ganz selbstverständlich „onlife“ unterwegs sind, mehrheitlich erwarten, dass digitale Medien in ihrer Konfizeit vorkommen. Nur zur Hälfte wird der digitale Einsatz kompetent erlebt und wenn, dann sind es eher die Teamer:innen, die derart rüberkommen. Insgesamt wünschen sich aber die Konfis gar nicht unbedingt noch mehr digitale Formate im Miteinander. Digitale Medien sind demnach nicht der Game Changer. Die positive Wahrnehmung und der Erfolg der Konfizeit hängt letztendlich nicht entscheidend davon ab, ob sie digital ausgerichtet ist. Das persönliche Miteinander ist von viel höherer Bedeutung für die Zufriedenheit. Manche Antworten lassen sogar vermuten, dass die Konfizeit sogar eine gute Gelegenheit sein könnte, mal für eine Weile nicht permanent online zu sein.
Nonfirmand:innen, Abbrecher:innen, Neu Getaufte
Aus der skandinavischen Forschung kommt die Bezeichnung der evangelischen Jugendlichen, die sich nicht konfirmieren lassen, als Nonfirmand:innen. Dass der Anteil dieser Gruppe zugenommen hat, verdankt sich, wie oben schon erwähnt, der Zunahme der individuellen Teilnahmeentscheidung.
Stetig nimmt seit einigen Jahren auch die Zahl derjenigen zu, die während der Konfizeit die Teilnahme abbrechen (2022 – 8%; 2008 – 2%).
Eine ebenfalls noch zu wenig beachtete Gruppe sind die Jugendlichen, die sich erst im Laufe der Konfizeit taufen lassen. Immerhin sind das seit vielen Jahren relativ konstant an die 6% der Konfis. Seit 2007 sind das insgesamt fast 180.000 Christen. Die Zahl derer, die sich während der Konfizeit taufen lassen, ist damit höher als die all derer, die sich pro Jahr als Erwachsene taufen lassen! Inhaltlich interessant ist die Feststellung, dass die in der Konfizeit Getauften in einem deutlich höheren Maß ihre Glaubensfragen bearbeiten konnten als alle anderen Teilnehmer:innen.
Fröhlich experimentieren
Was tun angesichts der vielen Erkenntnisse? Es gibt, so sagte es ein Referent zum Abschluss der Tagung, keinen Grund, sorgenvoll zu fragen, ob die Konfi-Arbeit eine Zukunft hat. Es geht darum, immer wieder neu zu sondieren und zu experimentieren, wie sie eine Zukunft hat!
Die aktuelle Kirchen-Mitgliedschafts-Untersuchung (KMU 6) zeigt ja auf, wie wichtig die Konfi-Arbeit für die religiöse Bildung junger Menschen ist. Vielleicht etwas pointiert hat das ein von mir sehr geschätzter Experte mal zusammengefasst: „Die Konfirmation ist die neue Mutter der Kirche.“
Beitragsbild: Prof. Dr. Henrik Simojoki, eines der Mitglieder der Forschungsgruppe der Konfi-Studie, präsentiert in einem der zahlreichen Workshops Studienergebnisse zum Thema „Lernen in der Konfi-Zeit“.